Hat jemand was von Verfassung gesagt? So wird man der EU nicht jene Gaubwürdigkeit zurückgeben können, die sie aber so bitter nötig hätte. (Ein Kommentar für derStandard.at)


Es habe sich nicht um eine Verfassung gehandelt, sondern um einen Vertrag. Und im Übrigen sei das Dokument immer als Verfassungsvertrag bezeichnet worden und nicht als Verfassung. Deshalb sei es auch nicht nötig, dass der nun akkordierte „Grundlagenvertrag“ einer Volksbefragung unterzogen werden müsse.

So lautete die hatscherte Argumentation vom österreichischen SP-Delegationsleiter Hannes Swoboda. Wozu waren dann überhaupt die Referenden in Frankreich und den Niederlanden nötig? Wozu wurde überhaupt das große Wort Verfassung bemüht? Und wozu einen Verfassungskonvent mit der illustren Person Valéry Giscard d´Estaing an der Spitze?

Nein, der Begriff Verfassung war sehr wohl bewusst gewählt, nämlich um dem europäischen Projekt nach dem Gipfel von Nizza neuen Schwung zu verleihen, um Europa greifbarer zu machen und an die Stelle der unzähligen Verträge eben diese Verfassung treten zu lassen. Es sind Windungen wie diese, die nicht gerade die Glaubwürdigkeit der EU fördern, ganz im Gegenteil. Was hängen bleibt ist das dumpfe Gefühl, dass die PolitikerInnen Angst haben vor dem Votum des Volkes, könnte es doch neuerlich Nein sagen.

Ein bisschen Ehrlichkeit in der Debatte würde dem Projekt Europa sehr gut tun, sprich: Ja, das Projekt Verfassung ist gescheitert. Die EU-Regierungschefs und die Abgeordneten sollten zu diesem Scheitern stehen und offen zugeben: Es war ein ambitioniertes Projekt, aber dem Votum in den Referenden muss Rechnung getragen werden, und zwar auch dann, wenn das Nein großteils andere Motive hatte als die Verfassung selbst. Daher die Rückkehr zu einem Vertrag, leider gibt es keine Verfassung, aber immerhin wurden einige Verbesserungen aus der Verfassung „gerettet“, darunter die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments. Dies würde der EU zumindest ein Stück an Glaubwürdigkeit zurückgeben. Genau diese nämlich hat die EU bitter nötig, wie nicht nur das Nein in den Niederlanden und Frankreich, sondern auch die magere Beteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament zeigten. (derStandard.at, 25.10.2007)