Die Aufregung ist groß: Wien will alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aufnehmen – allein, die Jugendlichen sind nicht aufzufinden. Klares Versagen mal wieder. Oder?

Ich kann die Aufregung nur zum Teil verstehen. Der eine Teil in mir sagt ganz klar: Es ist völlig inakzeptabel, wenn Minderjährige nicht (gut) betreut werden. Nur wie die Asylkoordination richtig festhielt: „Flüchtlinge liegen nicht in Ketten.“ Ich ergänze: Zum Glück noch (!) nicht, denn manche scheinen sich ähnliches zu wünschen. Und wen kann es angesichts der Unzustände in der österreichischen/europäischen Unversorgung von Flüchtlingen wirklich überraschen, wenn sie jede Chance nützen, um näher dorthin zu kommen, wo sie eigentlich hin wollen – und auch wenn es manchen weh tun mag: das ist nicht Österreich.

Was ich nun schreibe, ist weniger zynisch gemeint, als es vermutlich klingt – es ist vielmehr eine Analyse der zynischen Politik der Festung Europa: es würde mich nicht wundern, wenn man die Jugendlichen in Calais antreffen würde.

Ich finde das alles inakzeptabel, unmenschlich und schlichtweg zum Schämen. Nur mal ehrlich: wen wundert es ernsthaft, wenn gerade Jugendliche, die es allein bis Ö geschafft und auf dem Weg hierher Unvorstellbares hinter sich gebracht haben, nicht im Dreck des Traiskirchner Lagers abwarten wollen, bis sich ihrer vielleicht jemand erbarmt? Ich verstehe das im übrigen auch bei älteren Semestern, nur dass diese vermutlich nicht ganz so mobil sind, sei es gesundheitlich, sei es weil sie die Flucht mit ihrer Familie angetreten haben.

Woran leidet niemand denkt, ist die Wurzel des Problems: es hat einfach zu lange gedauert, bis man ins Handeln kam, und auch das Handeln geschieht – mit Verlaub – viel zu lahmarschig. In vielen Gegenden ist zumindest bei Nacht vom Sommer kaum noch etwas zu spüren, vielmehr scheinen sich herbstliche Temperaturen durchzusetzen. Und doch setzt man weiter auf Zelte statt die vielen Angebote an Unterkünften in Anspruch zu nehmen:

Kurzum: Das Problem ist das System. So lange dieses unangetastet bleibt, werden nicht nur Kinder und Jugendliche verschwinden. Und ich muss sagen: Recht haben sie!