Seit Mittwoch hat Frankreich also eine neue Regierung. Wie viele bereits erwartet hatten, wurde Jean-Marc Ayrault Premierminister. Da die Parlamentswahl nicht mehr weit ist, lautet die Devise der neuen Regierung: So schnell wie möglich die ersten Wahlversprechen von Francois Hollande einzulösen, um zu zeigen, dass man es ernst meint. Die Stichworte: Geschlechtergerechtigkeit, Vielfalt, Sparen bei sich selbst.

Zur Geschlechtergerechtigkeit: Ayrault steht einer Regierung bestehend aus 34 MinisterInnen vor, 17 davon sind Frauen. Dies ist in der Tat ein Novum. Bei genauerem Hinsehen aber bewegt sich die Regierung Hollande entlang traditioneller Linien: Denn faktisch alle Schlüsselposten sind weiterhin in Männerhand. Aber nicht nur das: Sie sind in Händen von älteren, weißen Männern. Zum Vergleich: Unter Nicolas Sarkozy stand mit Michèle Alliot-Marie eine Frau dem Verteidigungsministerium vor.

Weniger neu ist die „Diversité“, also die Vielfalt der MinisterInnen. Sarkozy hatte im Jahr 2007 einen wichtigen Schritt in diese Richtung gesetzt, indem er mit Rama Yade, Rachida Dati oder Fadela Amara Angehörige sichtbarer Minderheiten in die Regierung holte. Auch die Regierung Ayrault trägt dem Rechnung, unter anderem ist zum ersten Mal eine Schwarze Mitglied der Regierung, nämlich Christiane Taubira, die dem Justizministerium vorsteht.

Am Donnerstag trat die Regierung zum ersten Mal zusammen und erfüllte  ein weiteres Wahlversprechen von Hollande: Bei sich selbst zu sparen. So wurden die Bezüge der MinisterInnen um 30 Prozent gekürzt. Die Antwort der Konservativen folgte prompt: Es sei ja schön und gut, wenn die Bezüge gekürzt werden, doch wenn es gleichzeitig mehr „ministres délegués“ statt StaatssekretärInnen gebe, sei es mit den Einsparungen nicht weit her (Le Monde rechnete nach, die Ergebnisse gibt es hier).

Eine weitere wesentliche Kritik der Konservativen: Statt der Öffnung, wie sie Sarkozy gepflegt hatte, sei diese Regierung ein einziger sozialistischer Freundeskreis. Ausnahmen sind im Übrigen die Grünen Cécile Duflot und Pascal Canfin. Doch da die französischen Grünen dem linken Spektrum angehören, gilt dies für die UMP nicht. Sie werben damit, dass Sarkozy auch linke PolitikerInnen in die Regierung geholt hat, etwa Bernard Kouchner oder Fadela Amara.

Eins ist klar: Im Moment dominieren die Linken die Diskussionen, während die UMP reagiert. Angesichts der Parlamentswahl ist die Frage, ob es den Konservativen gelingen wird, aus diesem Schatten herauszutreten – und mit welchen Themen sie dies versuchen werden.

Im Norden des Landes kündigt sich indessen eine spannende Auseinandersetzung an: Der Präsidentschaftskandidat der Linksfront, Jean-Luc Mélenchon, tritt im Pas de Calais gegen Marine Le Pen an.