„Und ich dachte, Döner sind schon tot – tote Tiere nämlich.“ So lautete eine meiner zugegeben zynischen Reaktionen auf den Begriff „Döner-Mord“. Dieser geistert leider nicht nur in Boulevard-Blättern herum, um die Morde von Rechtsextremen an MigrantInnen in Deutschland zu betiteln.

Eine andere Assoziation lautete: „Familiendrama“. Denn unter diesem Begriff werden von Medien immer wieder Berichte abgehandelt, bei denen etwa eine Frau von ihrem Mann ermordet wurde. Es ist eine grobe Verharmlosung, da es sich nicht um ein Drama handelt, das eben passiert, so als gäbe es keine handelnden Personen. Vielmehr gibt es eine handelnde Person, nämlich im genannten Beispiel den Mann, und ein konkretes Opfer, nämlich die Frau. Inzwischen sind viele Qualitätsmedien richtigerweise dazu übergegangen, diesen Begriff zu vermeiden, da er Realitäten verschleiert und damit verharmlost.

Und hier komme ich wieder zurück zum Begriff „Döner-Mord“: Aus meiner Sicht wirkt auch dieser Begriff verschleiernd und verharmlosend. Nun muss man natürlich vorsichtig sein, um das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten, daher: Woher kommt dieser Begriff eigentlich? Wohlwollend könnte man vermuten, dass er darauf zurück geht, dass viele Morde an Besitzern von Dönerbuden oder bei Dönerbuden verübt wurden. So problematisch auch das scheint, möglicherweise gibt es ja diesen vergleichsweise harmlosen Hintergrund für die Bezeichnung und nicht jenen, dass hier ausländische Mitbürger mit einem Stück Fleisch gleichgesetzt werden.

Doch leider trifft die wohlwollende Theorie nicht zu: Nur zwei der acht Ermordeten waren Dönerbuden-Besitzer. Die anderen hatten ein Blumengeschäft, einen Schlüsseldienst, ein Internet-Cafe, ein Obst- und Gemüsegeschäft, eine Änderungsschneiderei oder schlichtweg einen Kiosk. Auch die Tatort-Theorie fällt weg: Nur zwei Morde wurden an einem Döner- bzw. Imbissstand verübt, die anderen auf der Straße oder in den Geschäften der Opfer.

Somit bleibt (leider), dass mit „Döner-Mord“ tatsächlich MigrantInnen mit einem Stück Fleisch gleichgesetzt werden. Dazu kommt, wie www.publikative.org richtig feststellt, dass damit das Vorurteil Türke = Döner bedient wird. Obendrein werden alle in einen Topf geworfen: Nicht alle Opfer hatten einen türkischen Hintergrund: Ein Opfer war Grieche; zwei weitere Opfer waren deutsche Staatsbürger und dennoch werden sie in manchen Medienberichten zu „Türken“. So weit, so vorurteilsbeladen.

Die Taten werden vor allem dadurch verharmlost, dass die Motive nicht klargelegt werden. Man könnte wie www.publikative.org sagen, dass genau das das Problem auch bei den Ermittlungen war: Weil es um MigrantInnen ging und Rassismus als Motiv einfach ausgeblendet wurde, kam man zu keinen Ergebnissen. Dies ist aus meiner Sicht ganz sicher ein Grund, doch wie sich zeigt, sind die Hintergründe komplexer – und deutlich beunruhigender!

Nun will ich Medien wie dem Standard, Spiegel-Online, der Süddeutschen oder der FAZ keinesfalls unterstellen, dass sie die Taten derart verharmlosen wollten oder dass gar rassistische Motive hinter der Verwendung des Begriffs stecken. Doch indem sie ihn verwenden, tragen sie leider zur Verharmlosung und zu Vorurteilen bei. Daher mein Appel: Weg damit! Wenn schon, dann ist es eine „Mordserie an MigrantInnen“, eine „Rechte Mordserie“, „Rechter Terror“, …

Link:

„Der Begriff Döner-Morde macht mich wütend“: Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland im Interview mit der Frankfurter Rundschau