Es antwortet: Paul Fiala, Bundessprecher der Plattform für Zivildiener

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derStandard.at: Der VfGH hat nun entschieden, dass eine „angemessene Verpflegung“ mindestens 13,60 Euro pro Tag kostet. Seid Ihr damit zufrieden?

Paul Fiala: Wir sind auf jeden Fall zufrieden. Die zwei Beschwerdeführer, deren Beschwerden nun vom VfGH behandelt wurden, haben mindestens 12 Euro gefordert und ich glaube, dass der vom VfGH genannte Betrag von 13,60 auf jeden Fall angemessen ist.

Grundsätzlich muss man die Situation eines Grundwehrdieners mit jener eines Zivildieners vergleichen: Ein Grundwehrdiener bekommt die 13,60 Euro auch nur dann, wenn er in der gleichen Situation ist wie ein Zivildiener und zum Beispiel eine Sanitäterausbildung macht. Der Zivildiener allerdings sitzt daneben und bekommt nur 5,80 Euro.

derStandard.at: Wie sah eigentlich die Regelung vor der Novelle des Zivildienstgesetzes aus?

Fiala: Vor der Novelle gab es einen Fixsatz von 155 Schilling, das heißt da gab es keine Diskussionen.

derStandard.at: Wo seht ihr noch Probleme?

Fiala: Der VfGH hat aber nun auch gesagt, man müsse sich auch in Gasthäusern verpflegen können und die 13,60 Euro sind die untere Grenze, die er setzt. Was natürlich auch wieder schwierig ist, denn man darf zum Beispiel regionale Preisunterschiede nicht vergessen.

Probleme könnte es auch bei der Frage geben, wie man zum Beispiel ein Frühstück definiert. Natürlich kann man auch hergehen und sagen, ein Kaffee und von mir aus ein trockenes Semmerl vom Vortag sind ein Frühstück. Allerdings glaube ich nicht, dass es die Frau Innenministerin so weit kommen lassen wird, denn sie hat ja mehrmals gesagt, dass sie sich auf das VfGH-Erkenntnis beziehen und es umsetzen wird. Sie würde sich also eklatant widersprechen, sollte sie das jetzt doch nicht machen.

derStandard.at: Aber auch die 13,60 sind nur ein Mindestbetrag, gibt es denn Organisationen, die schon jetzt mehr als die 6 Euro zahlen?

Fiala: Auf jeden Fall, ich mag da aber jetzt keine nennen. Manche zahlen 11,60 Euro, 12 Euro und es soll sogar welche geben, die sogar die 13,60 Euro zahlen.

derStandard.at: Wie viele Zivildiener werden eigentlich von der Organisation, in der sie arbeiten, verpflegt? Ist das die Mehrheit, die Minderheit?

Fiala: Wir haben darüber keinen Überblick, aber meine Schätzung wäre, dass das 15 bis 20 Prozent der Zivildiener betrifft. Man muss dabei bedenken: Nicht alle Zivildiener halten sich ständig in ihrer Einrichtung auf und können dort Frühstück, Mittag- und Abendessen einnehmen.

derStandard.at: Wahrscheinlich wird auch nicht jede Organisation Frühstück, Mittag- und Abendessen anbieten können?

Fiala: Es gibt schon Organisationen wie Pflegeheime oder Krankenhäuser, aber das ist wirklich nur ein Bruchteil.

derStandard.at: Es heißt auch, dass Abschläge möglich sind, wenn Zivildiener ihren Dienst an einem gleich bleibenden Einsatzort verrichten: Welchen Hintergrund hat diese Regelung?

Fiala: Wenn ich jeden Tag weiß, wo ich bin, dann habe ich ein Umfeld und weiß, welche Gasthäuser oder Supermärkte es gibt. Das heißt, ich kann mich orientieren und das planen. Wenn ich aber Sanitäter beim Roten Kreuz bin und einmal in Purkersdorf tätig bin und dann nach Baden muss, muss ich mich ja auch unterwegs irgendwie verpflegen und dann unter Umständen dort stehen bleiben, wo ich was bekomme.

derStandard.at: Nun beginnt schon die Debatte zwischen Bund und Organisationen, wer die Kosten tragen soll. Wer sollte sie Eurer Ansicht nach übernehmen?

Fiala: Unserer Ansicht nach sollte sie auf jeden Fall der Staat übernehmen. Denn wir wollen ja nicht, dass dadurch dann weniger für den karitativen Bereich übrig bleibt. Wir machen ja Zivildienst deswegen, weil wir davon überzeugt sind, dass es falsch ist, den Dienst mit der Waffe zu machen und es für das Richtige halten, einen Sozialdienst zu leisten.

Da wir einen Staatsdienst leisten, muss ja rein rechtlich der Staat auch einspringen, sollte sich eine Zivildienst-Einrichtung das nicht leisten können. Jetzt habe ich aber schon gelesen, dass VfGH-Präsident Korinek meint, dass die Einrichtungen das zahlen müssen, das ist dann eine Rechtsstreiterei. Ich bin der Meinung, dass der Streit auf keinen Fall auf dem Rücken der Zivildiener ausgetragen werden darf.

derStandard.at: Wie schätzt Ihr die Chancen ein, dass ehemaligen Zivildienern die ihnen entgangenen Geldleistungen rückerstattet werden?

Fiala: Wenn es – wie im VfGH-Erkenntnis vorgesehen – in Zukunft bezahlt wird, dann müssen es auch alle Ehemaligen bekommen, die einen Antrag stellen oder Beschwerde führen. Das ist allein schon deshalb so, weil öffentlich-rechtliche Ansprüche prinzipiell nicht verjähren können, außer wenn es eine Gesetzesänderung gibt.

derStandard.at: Ich nehme an, dass Eure Kritik am neuen Zivildienstgesetz damit noch nicht erschöpft ist. Was sind Eure nächsten Schritte? Was ist Euer wichtigstes Anliegen?

Fiala: Ja, da gibt es einige. Wo es ein totales Chaos gibt, ist die Verlängerung des Zivildienstes. Man hat ja jetzt die Möglichkeit, den Zivildienst um drei Monate freiwillig zu verlängern. Da kennt sich keiner aus, weder die Zivildienstserviceagentur noch wir und ich glaube, dass sich auch derjenige nicht auskennt, der das Gesetz geschrieben hat. Da ist erst einmal eine Verordnung aus dem Innenministerium nötig, um hier Klarheit zu bekommen.

Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt betrifft die Wohnkostenbeihilfe: Derzeit haben Zivildiener, die in einer WG wohnen, keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe. Das heißt, wenn man sparen will, kriegt man erst recht nichts. (Sonja Fercher, derStandard.at)